Wildnis im Nationalpark Kalkalpen

  • Vor 5000 Jahren wurde der „Ennswald“ an wenigen Plätzen besiedelt. Bis ins 12. Jahrhundert n. Chr. herrschte im Reichraminger Hintergebirge und im Sengsengebirge, eingebettet zwischen den Flüssen Enns und Steyr, eine undurchdringliche Waldwildnis. Dann prägten über 8 Jahrhunderte lang Bergbau und Eisenverarbeitung, Jagd-, Forst- und Almwirtschaft das zwischen 385 Meter und 1.964 Meter Seehöhe gelegene Berggebiet.
  • Der Nationalpark Kalkalpen ist ein Freilandlabor, das die Wandlungsfähigkeit der Natur auf sich ändernde Umweltbedingungen zeigt. Urwaldreste, unverbaute Flusslandschaften, Schluchtwälder und hohe Artenvielfalt kennzeichnen heute den Nationalpark im Südosten Oberösterreichs. Auf weiten Waldflächen werden natürliche Abläufe zugelassen und Wildnis ist das klar erkennbare Leitziel des Nationalpark Kalkalpen. In Österreichs größtem Wald-Nationalpark können Fichten über 400 und Eiben über 1000  Jahre alt werden. Meterhoher Schnee und Stürme knicken die Bäume, vermodernde Äste und Stämme verhelfen jungen Baum-Keimlingen, Spechten und Eulen zu neuem Leben.

Wildnis schafft Vielfalt und wirkt positiv auf die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Menschen.
Der Nationalpark Kalkalpen leistet erhebliche Beiträge zur:

  • Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt für kommende Generationen, zum
  • Schutz der Arten und ihrer Lebensräume, zur
  • nachhaltigen Entwicklung der Nationalpark Region und zum
  • respektvollen Umgang der Menschen mit Natur.

Grundlagen (Basics) sowie raumprägenden Geo- und Ökofaktoren werden hinsichtlich ihrer ökologischen Wirkung erfasst und dokumentiert. Alle Rauminformationen fügen sich im Gesamtbild der natürlichen Entwicklung und räumlichen Prozesse zusammen und werden für Informations- und Bildungszwecke aufbereitet.

Im Nationalpark Kalkalpen ist Wildnis auf 75 % der Fläche der normale und natürliche Zustand. Scheinbare "Katastrophen" wie Windwurf, Hochwasser, Wildverbiss oder Borkenkäferbefall sind Bestandteil der natürlichen Dynamik.

Wildnis verlangt von Menschen ein Nicht-Tun (non-intervention-management). Dies ist mit menschlichem Aktionsdrang schwer vereinbar. Mit der Wildnis wird eine neue pädagogische Kultur entwickelt, mit hinspürender Zurückhaltung, eine Wahrnehmungsschule die hinhorcht und hinriecht.
Wahrnehmung lehrt uns, nicht zu stören, nichts zu beschädigen und nicht eingreifen. Wildnistoleranz muss geübt werden. Der Schutz reiner Wildnisdynamik verlangt außerdem eine Forschung, die nur aus der Distanz beobachtet und beschreibt. Wildnis ist damit Lernort für respektvollen Umgang mit Natur.